…auf einer Backe bis der See zu Ende ist

die inoffizielle Pfingst-Sternfahrt 2020 der Flotte Bodensee:

Auf unserer Internetseite steht unter Termine und Sternfahrt Pfingsten: „abgesagt“. Am Bodensee  gelten Dank unserer 3 Staaten Deutschland, Österreich und der Schweiz und auch noch der 2 deutschen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern sehr unterschiedliche Vorschriften bezüglich dem Einwassern, dem Segeln und der Benutzung der Häfen. Diese werden wiederum von den entsprechenden Hafenbetreibern sehr unterschiedlich ausgelegt – sprich, es ist zu chaotisch und unsere traditionelle Pfingst-Sternfahrt musste von den Organisatoren abgesagt werden. Die Landesgrenzen sind noch geschlossen – und sogar das Clubhaus im angepeilten Hafen Kressbronn.

Zwei kleine Grüppchen Folkebootsegler wollten sich damit aber nicht ganz abfinden und haben spontan im Rahmen ihrer Möglichkeiten die zunächst exzellenten Windverhältnisse am Pfingstwochenende genutzt, um wenigstens kleinere Ausfahren zu unternehmen. Das waren zum einen unsere Schweizer Crews von „Catherine“, „Marblue“ und „Solvejg“, zum anderen die Deutschen Crews von „Stjerne“, „Akaravana“ und „Kleiner Blaupfeil“. Ziel war eine internationale Zusammenkunft auf dem See ohne illegale Grenzübertritte – doch dazu später.

Wir aus dem bayerischen Nonnenhorn treffen am Pfingstsamstag um die Mittagszeit die beiden Boote der Kressbronner Segler – mit dem zunächst geäußerten Ziel Meersburg (Hafen Haltnau). Heute bläst jedoch die seit Tagen anstehende „Bise“ (nicht Brise!) – das ist ein schweizer Ausdruck für den meist recht böigen NO-Wind. Für uns am nordöstlichen Ufer ist der natürlich ablandig und wir können bei um die 4 Bft ohne Welle waschbord auf einer Backe Seemeilen fressen – was für eine Freude!!! Vor Meersburg mache ich einen Funk an die Mitsegler, dass wir bei diesen idealen Bedingungen unmöglich den Wind ungenutzt verstreichen lassen können. Als Rückmeldung kommt der Vorschlag, nach Überlingen zu segeln, was ich nicht verstehen will, weil der See da ja noch gar nicht zu Ende ist. Ich schweige und fahre später an der Spitze vom Rumpfgeschwindigkeits-Torso einfach an Überlingen vorbei und keiner protestiert. Um 17:00 Uhr schließlich ist der See zu Ende und alle drei Boote laufen stilecht unter Segel in den „Schilfhafen“ von Bodmann ein. Ein Mitglied des örtlichen Segelvereins fragt, ob wir das Schild „Hafen gesperrt“ nicht gelesen haben. Ich entgegne, dass wir beim Reinsegeln auf andere Dinge geachtet haben. Eigentlich hätten wir da nicht bleiben dürfen, aber dann gab es Erbarmen mit uns Seglern, weil es draußen ja so fürchterlich bläst. Der Takelmeister des Vereins erzählte uns später, dass das Sperrschild schon seit letzter Woche weg ist – nur die Duschen sind noch geschlossen. Damit können wir leben und gehen in Bodmann erst mal Pizza essen.

Nächsten Tag geht es nach einem Spaziergang durch das Naturschutz-Schilfgebiet, wieder unter Segel zurück durch den Überlinger See, der die Bise durch die umliegenden Berge mit Böen, Löchern und 90°-Drehern anreichert. Trotzdem kommen wir gut an unseren Zielhafen „Haltnau“ bei Meersburg. Hier ist schon ein pfingstliches Gedränge der unter Motor einlaufenden Jachten, so dass man als Segler kurz mal „Bahn frei“ rufen muss. Folkeboote sind hier gerne gesehene Gäste (die 50. „Meersburger Pokalregatta“ musste hier leider auch ausfallen) und bekommen hier vom Hafenmeister immer Premiumplätze zugewiesen. Da gesellt sich zufällig noch die Crew des Folkebootes „Iburinga“ aus Konstanz in unsere Reihe. Später wird direkt an den Treppen zum Liegeplatz gegrillt und von Plicht zu Plicht durch die offenen Kuchenbuden zugeprostet – natürlich mit dem geforderten Sicherheitsabstand. Das gleiche Bild – allerdings mit frischem Kaffee und Backwaren zum Frühstück.

Die auch für heute (Pfingstmontag) vorausgesagte Bise lässt noch auf sich warten und wir segeln bei leichtem West in Richtung Schweizer Ufer, wo wir uns mit Ruedi und Bea von der „Solvejg“ treffen wollen, auch um hier den internationalen Charakter der Sternfahrt zu betonen. Die hängen aber schon in der Flaute fest und je weiter wir in Richtung Schweiz dümpeln, desto glatter wird der See. Wir lassen es mit einem grüßenden Blick durchs Fernglas und einem Funk durchs Handy gut sein und machen uns auf den Heimweg. Erst als wir uns von den Kressbronner Seglern verabschieden und uns auf die letzten Meilen nach Bayern machen, setzt die Bise ein und wir schießen erst mal über unseren Heimathafen hinaus – weil’s grad so schön ist…

Bernd Miller
F  GER  998  Kleiner Blaupfeil