Eindrücke zur DM 2014

Einige persönliche Eindrücke einer Schweizer Seglerin an der DM in Eckernförde im August 2014

Als ich die Zusage erhalte auf der „Waupee“ als Vorschoterin an der Deutschen Meisterschaft der Folkeboote in Eckernförde mitzusegeln, macht mein Herz vor Glück und Aufregung einen Luftsprung! Seit meinem ersten Besuch in Eckernförde im Mai 2013 bin ich mehr als nur ein bisschen angetan von diesem Segelrevier! Der Ort selber mit seiner gemütlichen und doch geschäftigen Innenstadt ist schon eine Augenweide für sich und dann die Förde! „Förde“, das hört sich ja schon viel edler an als Konstanzer Trichter, Obersee oder Untere Güll.
Am Sonntag geht es zum ersten Mal mit dem Schiff raus zu einem Probeschlag mit Aufgabenverteilung. Ich bin der Mittschiffsmann, bzw. -frau, Erika Beyerle kümmert sich ums Vorschiff und Johannes Thaysen steuert. Aber Achtung: Das Schiff ist, was das laufende Gut angeht, doch ziemlich anders eingerichtet als meines. Die Fockschoten liegen über dem Kajütdach über Kreuz, die Winschen sind ebenfalls hier angebracht. Nicht ganz einfach für mich, die das 40 Jahre lang anders gemacht hat. Zudem können das Gross und die Fock nicht vom Cockpit aus gehisst werden.
Am Montag wird wegen zu viel Wind nicht gestartet. (Am Bodensee wären wir vielleicht wegen zu wenig Wind nicht gestartet, denn wir werden mit Wind leider nicht so verwöhnt.) Elly und ich nutzen den Tag für einen Einkaufsbummel und ein Gespräch unter Frauen.
Dienstagmorgen: Immer noch viel Wind und vorüberziehende Regenwolken, doch jetzt geht’s los: 34 Folkeboote segeln aus dem Hafen. Ich traue meinen Augen nicht: Ein U-Boot wird gerade jetzt vor der Hafenausfahrt durchgezogen! Ist ja schon klar, dass die auch ohne grünen Ball – wie die vortrittsberechtigten Kursschiffe am Bodensee – Vorrang haben. Ich staune nicht schlecht: Ein U-Boot können wir am „Schwäbischen Meer“ nicht bieten, doch ich hoffe sehr, dass sich dieses dunkle Ungetüm später nicht auf, bzw. unter der Regattabahn tummeln wird! Vor der 1. Wettfahrt (dem 1. Lauf wie man in der Schweiz sagen würde) praktizieren wir noch das „Stöckchen werfen“. Wir sind natürlich nicht auf den Hund gekommen, messen nur den Strömungsverlauf wie andere Folkes auch. Dann wird wie üblich die Startlinie abgefahren und „getackt“ (kommt wohl vom Englischen und ist ein für mich neuer Ausdruck) Ein „Schlachtplan“ wird geschmiedet, nachdem die bevorzugte Startseite festgelegt wurde. Natürlich versuchen wir auf der Kreuz einen „lift“ zu bekommen und bloss keinen „abbacker“ oder gar in die „Schütte“ eines anderen Bootes zu geraten. „Abbacker“, auch so etwas Kurliges, doch ich muss zugeben, ich müsste dieses Wort umständlich mit einem ganzen Satz umschreiben. Also: Abbacker – Enter – Speichern. An diesem Dienstag werden zwei Wettfahrten gesegelt. Eine dritte wird nicht gestartet, da der Wind nun nochmals heftig zulegt. Die zweite Wettfahrt gelang uns ganz ordentlich, insbesondere, wenn man bedenkt, dass wir drei zum ersten Mal zusammen segeln. Zwischendurch, meist auf dem Vorwindkurs, schweift das Auge über die Landschaft. Immer wieder hüllen uns neue Regenschauer ein, manchmal prasselt es so heftig, dass sich über dem Wasser ein grauer Schleier bildet, nämlich dort wo die Regentropfen mit Wucht aufprallen und zurückspritzen. Wenn dann gleichzeitig noch ein graues Fregattschiff der Bundeswehr in der Nähe ein Manöver abhält, läuft einem nicht nur wegen der Kühle des Regens ein Schauer über den Rücken. Da wärmt nur die Aussicht auf den weltbesten Sherry, den Johannes in der Backskiste aufbewahrt und von dem es im Anschluss an die Wettläufe einen Schluck gibt!
Am Mittwoch stehen wir erwartungsvoll bereit zu neuen Taten und tatsächlich wird dies unser erfolgreichster Tag. Wir umrunden die Luvtonne als drittes Schiff und werden in dieser Wettfahrt Vierte! Was für ein Anblick auf dem Vorwindkurs: So viele Boote hinter uns! Der Skipper strahlt übers ganze Gesicht, was auch gut tut, denn von oben ist da nicht viel zu erwarten. Im Gegenteil: Es schüttet immer wieder und die Sonne ist ein rarer Gast. Doch irgendwie ist der Regen ganz nebensächlich geworden. Es spritzt ja auch immer wieder mal
von unten und dann erst noch salzig! Immerhin haben wir Wind und das jeden Tag ordentlich. Überhaupt kenne ich Eckernförde nur windig. Die Förde könne auch ganz anders, nämlich spiegelglatt, wurde mir erzählt, doch dies zu entdecken steht mir noch bevor.
Wenn dann einmal Sonnenstrahlen unter den tief hängenden, dunklen Regenwolken durchschimmern und das Ufer und die Stadt plötzlich ganz klar und in einem goldenen Streifen leuchten, dann ist das auch ein Anblick zum Geniessen und weit interessanter als ein stahlblauer Himmel.
Eine nette Annehmlichkeit der DM ist, dass es nach dem Einlaufen meist Freibier und was Gutes zum Essen gibt. Essen und trinken kommen auf dem Wasser meist zu kurz, sei es aus Zeitmangel oder Nervosität. Mit einer Ausnahme natürlich: Für ein Stück „Schwizer Schoggi“ ist auf unserem Schiff immer Zeit! An einem Abend werden Fischbrötchen offeriert und der Skipper schickt mich ins Festzelt eines besorgen. Wenn es eine Auswahl gebe, dann hätte er am liebsten ein Bismarck-Hering-Brötchen. Ich habe natürlich nicht den blassesten Schimmer wie das aussehen könnte. Bei Bodenseefelchen, Egli, Lachs & Co. könnte ich ja noch mitreden, aber des Reichskanzlers liebsten Fisch zu erkennen, dürfte für mich zum Lotteriespiel werden. Da hilft nur fragen. Nette Leute gibt es genug, welche mir gerne weiter helfen. An dieser Stelle möchte ich mich, sicher im Namen aller Segler, bei den zahlreichen Spendern von Freibier, Fisch- und Fleischbrötchen, Würsten, etc. bedanken. Nach Stunden mit Spannung in Wind und Regen werden solche Leckereien dankbar entgegen genommen!
Nachdem wir am Mittwoch und Donnerstag jeweils drei Wettfahrten segelten, machen sich meine Hände und mein rechter Arm unangenehm bemerkbar. Die Bürolistenfinger werden beim Tippen am Computer nicht wirklich fürs Schoten ziehen bei viel Wind trainiert. Aber was soll’s. Wie erklärte es kürzlich ein befreundeter Segler seinem Vater: Dir tut nichts weh, du spürst nur deinen Körper! Die Regattawoche verlief für unser Schiff und Mannschaft, abgesehen vom erwähnten Muskelkater und einigen blauen Flecken, ohne Probleme. Nichts ging zu Bruch, keiner über Bord und gestrandet sind wir auch nicht. Das haben andere praktiziert.
Am Freitag konnten bereits die ersten Boote ausgewassert werden und am Abend wurde feierlich die Crew um Ulf Kipcke zum neuen Deutschen Meister gekürt.
Für mich ging mit diesem Abend eine spannende, lehr- und windreiche Deutsche Meisterschaft zu Ende. Beeindruckt haben mich die Kameradschaft unter den Seglern und die Hilfsbereitschaft der Organisatoren. Mein grosser Dank gilt insbesondere dem Team um Fritz und Perdita Schaarschmidt. Nur wer selber einmal einen solchen Anlass auf die Beine gestellt hat, kann erahnen, was es da alles zu organisieren gibt mit Sponsorensuche, Liegeplätze freistellen, Essen und Musik besorgen und weiterem.
Ich hatte das Glück wieder bei Maren Bendig wohnen zu dürfen. Sie hat mich umsorgt und unsere Gespräche auf der Bettkante werden mir noch lange in guter Erinnerung bleiben! Danke Maren, du bist ein Goldschatz!
Zu guter Letzt möchte ich auch meinem Steuermann Johannes und meiner Mitseglerin Erika danken. Wir waren ein tolles Team, ich hatte Spass mit euch und habe viel gelernt (und nicht nur neue Segelausdrücke).
Mast- und Schotbruch allen Seglern und kommt gut durch den Winter!

Yvonne Begré, Arbon, Schweiz
F GER 870 (bzw. original: F SUI 22)